Als Biologin mit besonderem Interesse an Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftskritik beobachte ich das Verschwinden von aufgeklärtem Wissen mit grosser Besorgnis.
Unter aufgeklärtem Wissen verstehe ich das Akzeptieren von Tatsachen und das Anerkennen von Theorien, die empirisch gut gestützt und möglichst ideologiefrei entstanden sind. So ist zum Beispiel die Einsicht, dass Gehirne von Frauen gleich viel leisten können wie die Gehirne von Männern ein Ergebnis echter Aufklärung. Aufklärung bedeutet Denken statt Glauben.
Als kulturkritische Feministin bin ich überzeugt, dass das Nicht-Anerkennen von wissenschaftlichen Fakten nur zu Rückschritten in allen Emanzipationsfragen führen kann.
Seit der Jahrtausendwende habe ich als Gymnasiallehrerin für Biologie mehrmals festgestellt, wie Glaubenssätze einen aufgeklärten Unterricht beeinträchtigen können. Im Kanton Bern war es 2007 sogar nötig, ein Naturkunde-Lehrmittel zu bekämpfen, das den Glauben an eine Schöpfung mit der Evolutionstheorie auf die gleiche Stufe stellte! Erst die Intervention von Fachleuten und später des bernischen Erziehungsdirektors konnte verhindern, dass dieses Lehrmittel unverändert in den Schulen eingesetzt wurde.
Mit der Behauptung, dass es mehr als zwei biologische Geschlechter gebe, bahnt sich etwas Ähnliches an. Als kulturkritische Feministin bin ich überzeugt, dass die mangelnde Anerkennung von wissenschaftlichen Fakten und/oder schlechte Wissenschaft nur zu Rückschritten führen kann, weshalb wir das biologische Geschlecht ernst nehmen sollten.
Ich plädiere dafür, LGBTIQ mit einem besseren Gesetz zu schützen als dem aktuell vorgeschlagenen Basler Gleichstellungsgesetz. Was aktuell vorgeschlagen ist, führt zur Unsichtbarmachung von bestehenden Gleichstellungslücken bzw. Benachteiligungen von Frauen. Eine gute Gesetzgebung kann hingegen beides erreichen: Die weitere Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann sowie den Schutz aller LGBTIQ-Personen vor Diskriminierung.
Zur Person
Geboren 1961, Studium der Biologie und Wissenschaftstheorie. Ausserparlamentarische Aktivistin der Menschenrechts- und Friedensbewegung der 80er Jahre. Gründerin der ersten Gruppe für gewaltfreie Politik in der Stadt Bern, Theoretikerin und Trainerin für gewaltfreie Aktionen. Seit 40 Jahren engagiere ich mich für mehr Ökologie und weniger Atomkraftwerke.
Als Mitglied des Basler Appells gegen Gentechnologie (heute biorespect) und der Frauenorganisation gegen Gen- und Reproduktionstechnik NOGERETE nahm ich an internationalen Frauenkonferenzen gegen Gentechnologie teil, gab Workshops, hielt Vorträge und nahm auch an Vernehmlassungen teil. Für mich wichtige Feministinnen sind: Veronika Bennholdt-Thomsen, Christiane Brunner, Ruth Dreifuss, Evelyn Fox Keller, Gret Haller, Carola Meier-Seethaler, Maria Mies und Vandana Shiva.
Beruflich und politisch habe ich mich intensiv mit folgenden Themen befasst: Feministische Technik- und Naturwissenschaftskritik, Ethik in der Wissenschaft, Verhaltensforschung, Evolutionsbiologie, Neurobiologie sowie Nachhaltigkeit und Naturpädagogik.
Nach langjähriger Tätigkeit als Gymnasiallehrerin für Biologie bin ich heute freiberuflich als Erwachsenenbildnerin unterwegs. Engagiert bei Pro Natura, WWF und BirdLife. Mitglied beim VPOD, bei Public Eye, bei biorespect und vielen anderen Vereinigungen.
Seit dem Tod meiner Mutter Carola Meier-Seethaler (Juli 2022) setze ich mich dafür ein, dass ihr Werk nicht vergessen geht.