In Kürze berät der Basler Grosse Rat den Entwurf der Regierung zum Kantonalen Gleichstellungsgesetz (KGlG)
Die Ausgangslage
Bis jetzt gilt im Kanton Basel-Stadt das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann.
Damit will – und muss – der Kanton den Verfassungs- und Gesetzesauftrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern umsetzen. Hier der aktuell geltende Zweckartikel im Wortlaut:
§ 1 Zweck
1 Das Einführungsgesetz bezweckt mit dem Verfahren vor der Kantonalen Schlichtungsstelle die Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben zu fördern und trägt zur Verwirklichung der Chancengleichheit in allen Lebensbereichen bei.
Dieser Zweckartikel erscheint dem Präsidialdepartement inzwischen als überholt.
Die geplante Neuausrichtung
Um den Bedürfnissen der LGBTIQA+-Community Rechnung zu tragen, liess das Präsidialdepartement ein Kantonales Gleichstellungsgesetz ausgehend von einem sogenannten «inklusiven Geschlechterbegriff» ausarbeiten.
Der erste Entwurf ging im Herbst 2021 in die Vernehmlassung.
Während die Parteien der Vorlage mehrheitlich nur wenig entgegenhielten, äusserten sich Frauenorganisationen und etliche Gleichstellungs-Expertinnen kritisch. Sie befürchten, die strukturelle Ungleichheit zwischen Frauen und Männern gerate aus dem Blickfeld. Einige sind der Auffassung, es sei sowohl den Frauen als auch der Queer-Community mit zwei verschiedenen Erlassen besser gedient.
Einzelne Frauen von «Justitia ruft» konnten ihre Expertise in der Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des Entwurfs punktuell einbringen, was immerhin zu einer Korrektur – wenngleich einer nur ungenügenden – am ersten Gesetzesentwurf führte.
Im inzwischen überarbeiteten Entwurf (am Ende des Ratschlags, nach S. 38), der nach eingehender Diskussion in der vorberatenden Kommission JSSK nun voraussichtlich im Herbst im Grossen Rat beraten werden wird, lautet der neue Zweckartikel:
§ 1 Zweck
1 Dieses Gesetz hat zum Zweck, die Verwirklichung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung in Bezug auf Geschlecht und sexuelle Orientierung in allen Lebensbereichen zu fördern und Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung, namentlich von Frauen und Männern oder unter Berufung auf Transidentität, Intergeschlechtlichkeit, Homo- oder Bisexualität, zu bekämpfen.
Das Vorhaben kurz erläutert
Was will das Gesetz konkret, das sich rühmt, das erste seiner Art zu sein? Geschlechtergleichstellung, so die Meinung im Präsidialdepartement, sei altmodisch. Die binäre Geschlechterordnung Frau/Mann habe ausgedient. Per Gesetzesauftrag soll eine neue «Geschlechtervielfalt», zu der Trans- und Intersexuelle, Genderfluide, Non-Binäre und Weitere gehören, vor Ausgrenzung geschützt werden. Zudem sollen auch Homo- und Bisexuelle mittels eines Kunstgriffs in diesem umfassenden Geschlechterbegriff Platz haben. Der Schutz aller vor Diskriminierung – als wohl unbestrittener Verfassungsauftrag – soll im neuen Zweckartikel zum Gleichstellungsauftrag mutieren, wie dieser bisher für Frauen und Männer galt. Ungenannt bleibt, wer mit wem gleichzustellen sei. Die Begriffe Frau und Mann werden im Gesetz (weit) möglichst vermieden, im revidierten Entwurf erscheinen sie im Zweckartikel immerhin in der Aufzählung.
Das Vorhaben basiert auf einer umstrittenen Gendertheorie, die dem Gesetz übergestülpt wird. Die Begriffe Frau/Mann werden ersetzt durch Menschen mit verschiedenen physischen und psychischen Merkmalen. Dies macht viele «Definitionen» nötig. Definitionen führen üblicherweise zu mehr Klarheit. Hier führen sie zu der Frage, was eine solche beliebig erweiterbare Aufzählung von subjektiven Ausdrucksformen, Merkmalen und Befindlichkeiten in einem Gesetzestext soll. Im vorgelegten KGlG umfassen allein die Erklärungen zum Begriff Geschlecht 180 Wörter und mehr als 1500 Zeichen. Diese Erklärungen bleiben im revidierten Entwurf unverändert. Das heisst, in der Definition von Geschlecht fehlen Frauen und Männer, wie schon im ersten Entwurf. Wer es genauer wissen will, liest § 2 Begriffe im Wortlaut.
Zu guter Letzt
Der allgemeine Gleichstellungsauftrag ist weit knapper gehalten. Es sind 79 Wörter und 600 Zeichen.
Mit der begrifflichen Ausgrenzung von Frauen und Männern verschwindet logischerweise auch der staatliche Auftrag, für deren Gleichstellung zu sorgen. Wer sich achtet, erkennt genau das: Selbst im Text zum allgemeinen Gleichstellungsauftrag findet der eigentliche Kernauftrag – die Gleichstellung Frau/Mann – keine Erwähnung mehr.